
Sicherheitsvorfälle sind kein abstraktes Risiko, sondern haben immer konkrete Folgen.
Sicherheitsvorfälle sind kein abstraktes Risiko, sondern sie haben immer ganz konkrete Folgen. Genau diese Folgen beschreibt die Schadwirkung. Sie macht sichtbar, was im Ernstfall auf dem Spiel steht – sei es finanziell, rechtlich, operativ oder strategisch. Unternehmen, die ihre potenziellen Schadwirkungen kennen, können Budgets gezielt einsetzen, Prioritäten besser setzen und im Notfall schneller reagieren.
Was ist eine Schadwirkung?
Die Schadwirkung beschreibt die direkten und indirekten Folgen eines eingetretenen Vorfalls, weil sie zeigt, welche Schäden tatsächlich entstehen können. Sie reicht von kurzfristigen Störungen, etwa beim E-Mail-Zugang, bis hin zu gravierenden Langzeitschäden wie Reputationsverlust, Vertragsstrafen oder vollständigem Datenverlust. Während eine Bedrohung nur die Möglichkeit beschreibt und die Gefährdung den konkreten Angriffspunkt markiert, zeigt die Schadwirkung, was tatsächlich passiert, wenn Prävention nicht ausreicht.
Schadwirkung und Risiko
Risiken entstehen, wenn eine Bedrohung auf eine Schwachstelle trifft und dadurch eine Gefährdung entsteht. Ob daraus ein echtes Risiko wird, hängt von zwei Faktoren ab: Wie wahrscheinlich ist ein Vorfall, und wie groß wäre der Schaden?
Die Schadwirkung beschreibt diesen möglichen Schaden, während die Eintrittswahrscheinlichkeit die zweite Hälfte der Risikogleichung bildet. Nur wenn beide zusammen bewertet werden, können Unternehmen Risiken realistisch einschätzen und dadurch sinnvolle Entscheidungen treffen.
Was sind Unternehmenswerte?
Damit die Schadwirkung bewertet werden kann, müssen zunächst die Werte des Unternehmens bekannt sein. Werte sind alles, dessen Verlust oder Störung den Betrieb schädigen würde – also Systeme, Prozesse, Daten oder digitale Dienste. Typische Beispiele sind zentrale Produktionsprozesse, ERP-Systeme, Kommunikationswege, Kundendaten oder Online-Portale. Je kritischer ein Wert für den Geschäftsbetrieb ist, desto schwerer wiegt der Schaden, sodass Ausfälle dieser Werte besonders gravierend sein können.
Schadwirkungen systematisch bewerten
In der Praxis wird die Schadwirkung entlang der drei Schutzziele der Informationssicherheit bewertet:
- Vertraulichkeit – Welche Folgen hätte es, wenn sensible Daten in falsche Hände geraten?
- Verfügbarkeit – Was passiert, wenn ein System oder Dienst nicht nutzbar ist?
- Integrität – Welche Auswirkungen hätte es, wenn Daten oder Inhalte unbemerkt manipuliert werden?
Für jeden Wert wird eingeschätzt, wie stark die Beeinträchtigung wäre. So lässt sich eine Skala von gering bis sehr hoch abbilden. Entscheidend ist dabei, welche Rolle der jeweilige Wert im Unternehmen spielt. Ein Ausfall eines internen Kalenders bleibt meist unkritisch, während der Stillstand eines Produktionssystems schnell existenzgefährdend wird.
Eintrittswahrscheinlichkeit und Risikoformel
Zur Schadwirkung kommt die Eintrittswahrscheinlichkeit hinzu. Sie hängt unter anderem davon ab, wie gut das Unternehmen technisch abgesichert ist, wie attraktiv es als Ziel gilt und ob ähnliche Vorfälle bereits vorkamen. Kombiniert man beide Faktoren, ergibt sich die einfache Formel:
Risiko = Eintrittswahrscheinlichkeit × Schadenshöhe
Diese Kennzahl hilft, Risiken zu priorisieren, da sie sichtbar macht, welche Bedrohungen besonders dringlich sind. Kritische Risiken mit hoher Schadenshöhe und gleichzeitig realistischer Eintrittswahrscheinlichkeit gehören deshalb auf die Agenda der Geschäftsleitung.
Schadwirkung und Wirtschaftlichkeit
Die Bewertung von Schadwirkungen ist nicht nur ein technisches Werkzeug, sondern auch ein wirtschaftliches Steuerungsinstrument. Wer die möglichen Folgen kennt, kann Investitionen gezielt daran ausrichten und dadurch vermeiden, dass Budgets an den falschen Stellen eingesetzt werden.
Ein Szenario mit hohem Schadenspotenzial rechtfertigt intensive Schutzmaßnahmen, während bei geringeren Schadwirkungen schlankere Lösungen genügen. Sicherheitsmaßnahmen müssen also nicht absolut sein, sondern sie sollten angemessen und risikoorientiert sein.
Typische Arten von Schadwirkungen
Schadwirkungen können viele Formen annehmen, je nach Branche und Unternehmenssituation. Typische Kategorien sind:
- Finanzielle Schäden
Bußgelder, Vertragsstrafen, Kosten für Wiederherstellung oder Umsatzverluste. - Betriebliche Störungen
Ausfälle kritischer Systeme, Verzögerungen in der Produktion oder Datenverluste. - Einschränkungen der Geschäftsfähigkeit
Reputationsschäden, Vertrauensverlust oder Kundenabwanderung. - Rechtliche Folgen
Meldepflichten, Haftungsansprüche oder Vertragsverletzungen. - Strategische Nachteile
Abfluss vertraulicher Innovationsdaten oder Verzögerung wichtiger Projekte. - Auswirkungen auf Mitarbeitende
Überlastung, Unsicherheit oder Know-how-Verlust. - Versicherungstechnische Konsequenzen
steigende Prämien oder eingeschränkter Schutz. - Technologische Folgeschäden
dauerhafte Beeinträchtigungen oder irreversibler Datenverlust.
Praxisbeispiele
Wie stark die Schadwirkung eines Vorfalls ausfallen kann, zeigen die folgenden Fälle aus der Unternehmenspraxis.
Phishing-Kampagne
- Bedrohung
Gezielte Phishing-Kampagne gegen Mitarbeitende per täuschend echter E-Mail. - Gefährdung
Ein Mitarbeiter klickt auf den Link und gibt Zugangsdaten ein; Angreifer loggen sich ins CRM-System ein. - Schadwirkung
Datenschutzverstoß mit Meldepflicht, Vertrauensverlust bei Kunden, potenzielle Bußgelder.
Geschätzter Schaden: 80.000 Euro - Risikoeinschätzung
Eintrittswahrscheinlichkeit: mittel
Schadenshöhe: hoch
Risiko: hoch
Fehlkonfiguration der Cloud
- Bedrohung
Automatisierte Angreifer-Scanner suchen nach offen erreichbaren Cloud-Umgebungen. - Gefährdung
Eine Entwicklungsumgebung ist öffentlich zugänglich; Quellcode und API-Schlüssel werden heruntergeladen. - Schadwirkung
Veröffentlichung interner Softwarebestandteile, Verlust von Wettbewerbsvorteilen, hoher Wiederherstellungsaufwand.
Geschätzter Schaden: 2.100.000 Euro - Risikoeinschätzung
Eintrittswahrscheinlichkeit: mittel
Schadenshöhe: sehr hoch
Risiko: sehr hoch
Lieferantenausfall
- Bedrohung
Ransomware-Angriff auf einen externen IT-Dienstleister. - Gefährdung
Das ERP-System des Kunden ist mehrere Tage nicht erreichbar; Bestellungen können nicht bearbeitet werden. - Schadwirkung
Verzögerte Auslieferungen, Umsatzverluste, Kundenbeschwerden, Reputationsschaden.
Geschätzter Schaden: 95.000 Euro - Risikoeinschätzung
Eintrittswahrscheinlichkeit: mittel
Schadenshöhe: hoch
Risiko: hoch
Diese Fälle zeigen, dass Schadwirkungen real, konkret und teuer sind – und dass sie Unternehmen dauerhaft beeinträchtigen können.
Handlungsempfehlungen
Schadwirkungen lassen sich nicht vollständig verhindern, aber ihre Auswirkungen können wirksam begrenzt werden. Damit das gelingt, sollten Unternehmen folgende Schritte beachten:
- Kritische Werte identifizieren
Nur wer seine wichtigsten Systeme, Prozesse und Daten kennt, kann gezielt Schutzmaßnahmen entwickeln. - Schadenshöhe als Maßstab nutzen
Investitionen müssen immer im Verhältnis zum möglichen Schaden stehen. - Risiken priorisieren
Unternehmen sollten vor allem dort handeln, wo hoher Schaden mit realistischer Eintrittswahrscheinlichkeit zusammentrifft. - Schadensszenarien einbinden
Entscheidungen über Projekte oder Investitionen sollten stets die mögliche Schadwirkung berücksichtigen. - Notfallvorsorge testen
Backups, Wiederanlaufpläne und Eskalationswege müssen regelmäßig erprobt werden, damit sie im Ernstfall wirken. - Einflussfaktoren prüfen
Abhängigkeiten, technische Änderungen oder neue Vorgaben verändern die Schadenshöhe, weshalb regelmäßige Neubewertungen notwendig sind.
Fazit
Die Schadwirkung zeigt, welche Folgen ein Sicherheitsvorfall tatsächlich hat – und damit, was im Ernstfall wirklich auf dem Spiel steht. Sie ist ein strategisches Werkzeug, das Transparenz schafft und deshalb die Entscheidungsfähigkeit stärkt. Wer die möglichen Folgen realistisch einschätzt, kann Risiken priorisieren, Budgets gezielt einsetzen und seine Widerstandskraft verbessern. Die Betrachtung der Schadwirkung ist deshalb nicht nur ein technisches Verfahren, sondern auch ein zentrales Steuerungsinstrument für die Unternehmenssicherheit.
Ausblick
Im nächsten Beitrag geht es um die Resilienz. Wir zeigen, wie Unternehmen ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Angriffen und Störungen steigern können – und warum Resilienz heute zu den entscheidenden Erfolgsfaktoren gehört.
weiterführende Links:
BSI – Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland
Allianz Risk Barometer 2025: Cybercrime größtes Risiko für Firmen – Lanzrath CyberSec
NIS2 & Cybersecurity: Warum Sicherheit kein Luxus sein darf – Lanzrath CyberSec
Bild: Sora