
Die Angriffsfläche wächst stetig – und damit auch das Risiko
Die Angriffsfläche ist die Summe aller Schwachstellen, egal ob bekannt oder unbemerkt. Je größer sie wird, desto mehr Einfallstore entstehen, und desto wahrscheinlicher ist ein Schaden. Gleichzeitig steigt die Komplexität der Reaktion, sodass Unternehmen mit mehr Aufwand und höheren Kosten rechnen müssen. Wer seine Angriffsfläche im Blick behält, kann Risiken gezielt begrenzen und dadurch Schutzmaßnahmen wirksamer einsetzen.
Doch selbst die beste Sicherheitsstrategie hilft wenig, wenn sie an der Realität vorbeigeht. Angreifer suchen gezielt nach Schwachpunkten, während Unternehmen oft mehr Angriffsfläche bieten, als sie vermuten. Mit jeder Schnittstelle, jedem Gerät ohne Schutz, jedem externen Partner und jedem Mitarbeitenden mit Zugriff wächst daher das Risiko, ungewollt einen Einstiegspunkt zu schaffen.
Was ist eine Angriffsfläche?
Die Angriffsfläche umfasst alle Systeme, Prozesse und Personen, über die ein Angriff erfolgen kann – direkt oder indirekt. Sie entsteht sowohl durch Technik als auch durch Organisation und menschliches Verhalten. Da sich Technologien und Abläufe ständig ändern, wächst die Angriffsfläche laufend und muss deshalb regelmäßig überprüft werden.
Typische Angriffsflächen in Unternehmen
Die Angriffsfläche besteht aus vielen Bereichen. Nur wer diese kennt und gezielt kontrolliert, kann Schwachstellen wirksam schließen.
Systeme und Netzwerkkomponenten
Hardware und Netzwerke gehören zu den häufigsten Zielen, besonders wenn sie veraltet oder falsch eingestellt sind.
- Server mit unsicheren Diensten
- Veraltete Betriebssysteme
- Unzureichend getrennte Netzwerke
- Offene Ports und ungenutzte Protokolle
Benutzer und Endgeräte
Mitarbeitende bleiben ein häufiger Angriffspunkt, weil Fehlverhalten oder Nachlässigkeit leicht ausgenutzt werden.
- Eigene Geräte ohne Mobile-Device-Management
- Fehlende Mehrfaktor-Authentifizierung
- Keine Passwortrichtlinien
- Phishing und Social Engineering
Software und digitale Dienste
Auch Anwendungen vergrößern die Angriffsfläche, besonders wenn sie nicht zentral verwaltet werden.
- Ungeprüfte Drittsoftware
- Fehlende Updates
- Unsichere Browser-Erweiterungen
- Schatten-IT durch private Tools
Prozesse, Partner und Schnittstellen
Nicht nur Technik, sondern auch Abläufe und externe Anbindungen schaffen neue Risiken.
- Zugriffe durch Dienstleister
- Unverschlüsselte Kommunikation
- Offene API-Schnittstellen
- Fehlende Berechtigungskonzepte
Diese Beispiele machen klar, dass nicht nur Server oder Endgeräte gefährdet sind. Auch Abläufe, menschliches Verhalten und externe Zugriffe erweitern die Angriffsfläche. Nur wer alle Faktoren im Blick hat, kann Risiken wirksam mindern.
Beispiele aus der Praxis
Angriffsflächen entstehen oft unbemerkt im Alltag. Die folgenden Fälle zeigen, wie kleine Schwächen große Folgen haben können.
- Remote-Zugriff ohne Mehrfaktor-Authentifizierung
Ein offener VPN-Zugang ohne zusätzliche Absicherung gab Angreifern Zugriff auf Kundendaten und interne Systeme.
Schaden: rund 400.000 Euro durch Vertragskündigungen und forensische Analyse. - Schatten-IT durch unautorisierte Cloud-Nutzung
Ein Fachbereich nutzte einen Cloud-Speicher ohne Freigabe. Über ein schwaches Passwort gelangten vertrauliche Daten nach außen.
Schaden: rund 180.000 Euro durch Reputationsverlust und Prozessänderungen. - Veraltetes Smartphone im Außendienst
Ein altes Android-Gerät ohne Updates wurde über eine Phishing-Mail infiziert und störte interne Abläufe massiv.
Schaden: rund 120.000 Euro durch Ausfallzeiten und Incident Response. - Offene API-Schnittstelle
Eine ungeschützte API erlaubte automatisierte Datenabfragen. Der Vorfall ging an die Aufsichtsbehörde.
Schaden: rund 300.000 Euro durch Bußgelder und technische Nachbesserung.
Diese Fälle zeigen, dass schon kleine Nachlässigkeiten die Basis für große Angriffe bilden können. Deshalb darf keine Schwachstelle übersehen werden.
Wie sich Angriffsflächen wirksam reduzieren lassen
Die Angriffsfläche lässt sich nie ganz vermeiden, doch sie kann gezielt verkleinert werden. Wichtig ist, dass Technik, Abläufe und Menschen ineinandergreifen.
- Asset-Inventar aufbauen
Nur bekannte Systeme lassen sich schützen, daher braucht es eine aktuelle Übersicht. - Systeme aktuell halten
Ein zentrales Patch-Management schließt Lücken schnell und zuverlässig. - Nicht benötigte Dienste deaktivieren
Unnötige Ports und Protokolle sollten entfernt werden. - Schutz vor Malware etablieren
Zentrale Sicherheitslösungen und eingeschränkte Rechte senken das Risiko. - Mitarbeitende schulen
Regelmäßige Trainings stärken die Wachsamkeit gegen Phishing und Social Engineering. - Schatten-IT verhindern
Richtlinien und Netzwerkscans machen inoffizielle Tools sichtbar. - Mobilgeräte absichern
Mobile-Device-Management und Verschlüsselung schützen sensible Daten. - Remote-Zugänge absichern
Mehrfaktor-Authentifizierung muss Standard sein. - Externe Schnittstellen kontrollieren
APIs und Partnerzugriffe sollten regelmäßig geprüft und dokumentiert werden.
Fazit
Je größer die Angriffsfläche, desto höher das Risiko. In einer vernetzten Welt entstehen täglich neue Einstiegspunkte – oft unbemerkt. Nicht nur alte Systeme, sondern auch unklare Zuständigkeiten und menschliche Fehler machen Unternehmen verwundbar.
Für Unternehmen gilt: Nur wer alle relevanten Angriffspunkte kennt, kann sie wirksam schützen. Die Reduzierung der Angriffsfläche ist keine rein technische Aufgabe, sondern eine strategische Kernaufgabe. Sie stärkt die Abwehrfähigkeit und senkt zugleich Aufwand, Kosten und Reaktionszeiten im Ernstfall.
Ausblick: Gefährdung
Im nächsten Beitrag geht es darum, wann eine Bedrohung zu einem echten Risiko wird. Wir erklären, wie Schwachstellen zur Gefährdung führen und warum gerade diese Bewertung für die Geschäftsleitung entscheidend ist.
weiterführende Links:
BSI – Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland
Allianz Risk Barometer 2025: Cybercrime größtes Risiko für Firmen – Lanzrath CyberSec
NIS2 & Cybersecurity: Warum Sicherheit kein Luxus sein darf – Lanzrath CyberSec
Bild: Sora